Was bedeutet Systemik?

Im systemischen Ansatz wird das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten eines (lebendigen) Systems sowie die typischen Verhaltensmuster und Spielregeln der Komponenten in diesem System in den Fokus der Betrachtung genommen. Systeme sind von ihrer Umwelt abgrenzbar und können „von außen“ beobachtet werden. Es wird davon ausgegangen, dass sich die einzelnen Komponenten dem und im System „angemessen“ bewegen. Jede Komponente hat ihre „eigene“ Wahrheit (Begriff der "Subjektivität der Realität"). Ein System hat die Tendenz, in einem einmal „eingeschwungenen“ Zustand zu verweilen, Veränderungen werden daher zunächst häufig kompensiert oder sogar ausgeblendet.

Systemische Berater versuchen im Sinne der zuvor beschriebenen Beobachterrolle, das System "möglichst neutral" wahrzunehmen, Hypothesen über dessen Spielregeln aufzustellen und das System durch sogenannte Irritationen zu Veränderungen anzuregen. Die Wirkungen dieser Irritationen – oft auch „Verstörungen“ genannt – sind allerdings nicht vorhersehbar und bedürfen wiederum der Beobachtung. Grundsätzlich arbeiten systemische Berater mit dem, was das System kann (Begriff der sogenannten "Ressourcen-Orientierung") und vermeiden aufgrund der im ersten Abschnitt beschriebenen Grundannahmen Bewertungen.

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Mit dem Begriff „System“ verbinden wir üblicherweise Gruppen von Menschen oder anderen, auch technischen Elementen, die eine gemeinsame „Verbindung“ haben. Beispiele für Systeme sind unsere Familien, Unternehmen, Interessengemeinschaften. Wir sind in einem System also Mitglied oder eben auch nicht, und wir gehören vielen Systemen an, wie z.B. unserer Herkunftsfamilie oder unserer Arbeitsgruppe, die wiederum Teil des gesamten Unternehmens ist.

Betrachten wir den Systembegriff etwas genauer, wird deutlich, dass auch wir selbst als Individuum ein System (oder je nach Betrachtungswinkel viele) sind. So sind wir z.B. Körper, Ratio und Seele – aus Sicht eines systemischen Beobachters können dies jeweils auch Einzelsysteme sein („der Beobachter bestimmt die Grenzen des Systems“), die ein ganzheitliches System „Ich“ bilden.

Eine Veränderung eines Systems, in dem wir Mitglied sind, hat Einfluss auf uns als Individuum und eine Veränderung unseres Systems „Ich“ wird Veränderungen in diesen Systemen auslösen.

Es ist uns de facto unmöglich, nur mit einem Teil unseres Ichs Systemen anzugehören, so sind wir ganzheitlich Mitglied der Herkunftsfamilie und auch des Unternehmens, für das wir arbeiten. Eine Aufteilung in privates Ich und professionelles Ich ist zwar manchmal notwendig, aber eigentlich künstlich*.

Unser Bestreben als Mensch ist es, mit anderen Menschen in gutem sozialen Kontakt zu sein und zu den Systemen, in denen wir Mitglied sind, dazuzugehören und positiv mitzuwirken - dies wird oft als „Loyalität“ bezeichnet. Gleichzeitig tragen wir in uns den Wunsch nach persönlicher Unabhängigkeit und Freiheit (die sogenannte Autonomie). Diese beiden Bestrebungen stehen oft im Konflikt miteinander. Gibt es hier keine gefühlte Balance, kommt es in Folge gehäuft zu (psychosomatischen) Krankheiten.


* Unter Umständen kann sie sogar zur Dissoziation von Persönlichkeitsanteilen führen.